Ernst Toller (*1. Dezember 1893 in Samotschin, Provinz Posen; gestorben am 22. Mai 1939 in New York City, New York) war ein deutscher Schriftsteller, Politiker und linkssozialistischer Revolutionär.
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#1651 Brief an Betty Frankenstein
Datierung | 1939-02-27 |
Absendeort | New York City, New York, USA |
Verfasser | Toller, Ernst |
Beschreibung | Brief, 1 S., T + Kuvert |
Provenienz | DLA Marbach, Bestand A:Toller, Zugangsnr. 62.280/4 |
Briefkopf | - |
Poststelle | 1939-??-?? |
Personen |
Frankenstein, Betty
Schönblum, Anne Cohn, Hertha Cohn, Erich Toller, Ernst Frankenstein, Betty |
Institutionen | Hotel Mayflower (New York City) |
Mayflower Hotel
Central Park West
New York City
27.2.39.
Miss Betty Frankenstein
Jerusalem Rehavia
Benjamin of Tudela 9
Liebe Betty,
wenn Sie diesen Brief bekommen, werden Sie das Geld, das ich Ihnen telegraphisch schicken werde, erhalten haben. Ich habe mir die Summe von einem Bekannten geliehen, und ich bitte Sie herzlich das Geld in Ihre Obhut zu nehmen und es für Hertha und Erich zu verwenden. Verstehen Sie mich bitte recht, ich habe es nicht an Anne, sondern an Sie gesandt, weil ich die Gewissheit besitzen möchte, dass es mit grösster Sorgfalt verwandt wird. Es war so schwierig, den Betrag zu erhalten, und dass es nach wochenlangen Mühen mir endlich gelang, ist so aussergewöhnlich, dass Sie meinen Wunsch nach vorsorglicher Verwendung verstehen werden.
Ich hoffe, dass es Ihnen gelingen wird, das „provisorische Kapitalistenzertifikat“ rasch zu erhalten und Hertha und Erich telegraphisch davon zu verständigen. Bitte, unterrichten Sie mich über den Fortgang.
Wie lange ich hier noch bleibe, ist fraglich. Wahrscheinlich fahre ich im März nach London. Meine Hoffnungen hier sind restlos gescheitert, weder brachte ich ein Stück an, noch war ich imstande, eine Vortragstour zu erreichen. Ich will jetzt, sei es in England oder Frankreich, irgendwo auf dem Land leben und versuchen, ein neues Buch vorzubereiten. Ich habe es aufgegeben, Pläne über ein halbes Jahr hinaus zu fassen. Wie ist das auch in diesen Zeiten möglich… Ich sehe mit Besorgnis das Anwachsen der faschistischen und antisemitischen Tendenzen in Amerika und mit noch grösserer Besorgnis das Eindringen des Faschismus in Central- und Südamerika. Die Folgen des Zusammenbruchs der spanischen Republik werden sich bald zeigen. Vae victis – und zu den Besiegten gehören England und Frankreich, gehören die demokratischen Kräfte in der Welt.
Ihnen und Anne herzlichste Grüsse
Ihr
Ernst.