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Emil Ludwig (* 25. Januar 1881 in Breslau; † 17. September 1948 in Ascona) war ein deutscher und später Schweizer Schriftsteller jüdischer Abstammung, der sich auf psychologisch deutende Biografien weltgeschichtlich hervorragender Persönlichkeiten spezialisierte und damit Welterfolge erzielte.

Benito Amilcare Andrea Mussolini (* 29. Juli 1883 in Dovia di Predappio, Provinz Forlì; † 28. April 1945 in Giulino di Mezzegra, Provinz Como) war von 1922 bis 1943 Ministerpräsident des Königreiches Italien. Als Duce del Fascismo (Führer des Faschismus) und Capo del Governo (Chef der Regierung) stand er ab 1925 als Diktator an der Spitze des faschistischen Regimes in Italien. 

Josef Wissarionowitsch Stalin (* 6. Dezemberjul./ 18. Dezember 1878greg. in Gori, Russisches Kaiserreich, heute Georgien; † 5. März 1953 in Kunzewo bei Moskau, Sowjetunion) war ein sowjetischer Politiker georgischer Herkunft und Diktator der Sowjetunion (1927–1953). Geboren wurde er als Iosseb Bessarionis dse Dschughaschwili.

Stefan Zweig (* 28. November 1881 in Wien; † 23. Februar 1942 in Petrópolis, Bundesstaat Rio de Janeiro, Brasilien) war ein österreichischer Schriftsteller.

Paul Ludwig Hans Anton von Beneckendorff und von Hindenburg (* 2. Oktober 1847 in Posen; † 2. August 1934 auf Gut Neudeck, Ostpreußen) war ein deutscher Generalfeldmarschall und Politiker.

Ernst Toller (*1. Dezember 1893 in Samotschin, Provinz Posen; gestorben am 22. Mai 1939 in New York City, New York) war ein deutscher Schriftsteller, Politiker und linkssozialistischer Revolutionär.

Emil Ludwig (* 25. Januar 1881 in Breslau; † 17. September 1948 in Ascona) war ein deutscher und später Schweizer Schriftsteller jüdischer Abstammung, der sich auf psychologisch deutende Biografien weltgeschichtlich hervorragender Persönlichkeiten spezialisierte und damit Welterfolge erzielte.

#976 Brief an Emil Ludwig

Datierung 1932-08-05
Absendeort St. Gilgen, Österreich
Verfasser Toller, Ernst
Beschreibung

Brief, 12 S., M

Provenienz DLA Marbach, Bestand A:Ludwig, Zugangsnr. 58.397
Briefkopf -
Publikationsort Bernhard Zeller [Bearb.]: Gestalten und Begegnungen. Deutsche Literatur seit dem Ausgang des 19. Jahrhunderts. Ein Querschnitt durch die Sammlungen des Deutschen Literaturarchivs im Schiller-Nationalmuseums Marbach. Marbach/Neckar: Dt. Literaturarchiv 1964, S. 118.

Es handelt sich um einen Auszug („Was sagen Sie zu den Ereignissen ... Hort der Nibelungentreue“).
Poststelle -
Personen Ludwig, Emil
Mussolini, Benito
Stalin, Josef
Zweig, Stefan
Ludwig, Elga
Wolff, ?
Ludwig, Gordon
Hindenburg, Paul von
Toller, Ernst
Ludwig, Emil

Lieber Emil Ludwig,

es war unrecht von mir, nach „Auszügen“ zu schreiben. Ich habe jetzt das ganze Buch gelesen. Ich bewundere den glänzenden Aufbau, die Form, die Kraft, mit der Sie einen Charakter aufbauen. Aber – mein erster Eindruck hinsichtlich der Wirkung hat sich vertieft. Ich habe nicht als „Ideologe“, sondern als „Praktiker“ geurteilt und nur vom praktischen Wert des Buchs gesprochen. Gewiß, das Buch ist kontradiktorisch, aber Ihr Widerspruch ist mir zu vorsichtig. Diese Vorsicht war wohl aus taktischen Gründen notwendig für den Frager, fordert aber den Widerspruch des (politischen) Lesers heraus.

– Und: Haben Sie Mussolini wirklich „festgelegt“? Lasen Sie seine letzte Rede gegen Pazifismus, seine Hymne auf den menschlichen Kriegsgeist?

Warum eigentlich sind Sie der Auffassung, daß M. auf die Weltrevolution lossteuert und Stalin sie vermeiden will? Ich glaube, daß Stalin eine dilatorische Politik treiben muß (wichtig ist vor allem der Aufbau der Sowjet-Union), Mussolini aber der große Reformator der Weltreaktion, ihr klügster Konservator ist. Natürlich kommt es nicht auf Worte und Schlagworte an – mit Worten und Schlagworten kachiert M. ökonomische Tatsachen und soziale Herrschaftsverhältnisse.

(Diese Verwirrung der Begriffe sehen wir überall, auch links, wir schleppen einen Ballast ausgelaugter und erstorbener Worte mit uns).

– Was sagen Sie zu den Ereignissen in Deutschland? Am 20. Juli haben die Sozialdemokraten der deutschen November-Revolution den Todesstoß gegeben. Dieser Tag war (für lange Zeit) die letzte große historische Chance. Minister, die davon überzeugt sind, daß das Recht der Verfassung bei ihnen liegt, haben die verdammte Pflicht, ein Beispiel zu geben. Ein heroisches Beispiel! Was ist das für ein Heldentum, das sich vom Gegner bescheinigen läßt, man sei nur auf Androhung von Gewalt gewichen. Welche traurige Farce! An diesem Tag hätte man die „Einheitsfront“ des freiheitlichen Deutschland schaffen können. Diese „Front“ wird nie theoretisch sich bilden, nur im Kampf konnte sie geschaffen werden.

Aber die Sozialdemokraten haben nicht umsonst 14 Jahre mit dem Kapitalismus paktiert, qui en mange, en meurt. –

Und der gute alte Hindenburg? Wie richtig haben Sie ihn immer gesehen! Auf seinem Grabstein sollten die Worte stehen: Hort der Nibelungentreue.

– Stefan Zweig sagte mir, Sie würden nach Salzburg kommen. In 50 Minuten Autofahrt sind Sie bei mir. Ich freue mich auf Ihren Besuch!

Ihnen, Frau Elga, Mrs Wolff, Gordon die herzlichsten Grüße Ihres

Ernst Toller.

5. Aug. 32.

Stockach Nr. 26, Post St. Gilgen