René Schickele (* 4. August 1883 in Oberehnheim im Elsass; † 31. Januar 1940 in Vence, Alpes-Maritimes) war ein deutsch-französischer Schriftsteller, Essayist, Übersetzer und Pazifist.
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#283 Brief an Anna Schickele
Datierung | 1923-02-05 |
Absendeort | Niederschönenfeld, Deutschland |
Verfasser | Toller, Ernst |
Beschreibung | Brief, 1 S., M |
Provenienz | DLA Marbach, Bestand A:Schickele, Zugangsnr. 60.681/3 |
Briefkopf | - |
Publikationsort | D1: Briefe aus dem Gefängnis (TW, Bd. 3, S. 392). D2: Hansjörg Viesel (Hrsg.): Literaten an der Wand. Die Münchner Räterepublik und die Schriftsteller. Texte, Materialien und Dokumente. Frankfurt/Main: Büchergilde Gutenberg 1980, S. 409. |
Personen |
Schickele, Anna
Schickele, René Schickele, Anna Toller, Ernst |
Institutionen | Festungshaftanstalt Niederschönenfeld |
Liebe Frau Änne Schickele,
da freue ich mich nun den langen Winter auf meine Schwalben, und dann heißt es plötzlich „Umziehen“. Obwohl meine neue Zelle größer ist, (die alte Arbeitszelle war nur Ein Meter 60 breit), gefällt sie mir garnicht. Ich bin so traurig, daß ich die Schwalben nicht mehr beherbergen kann. Denn in die neue Zelle ziehen sie kaum. Die liegt nach Westen. Das wollte ich Ihnen nur erzählen, weil ich neulich in meinem Brief selbstherrlich tat, als ob es „Dinge“ gebe, die keiner mir nehmen könne. Und auch weil Sie mich trösten sollen. Mit einem schönen Brief. Denn einen Menschen, der seine liebsten Gefängnisfreunde verloren hat, tröstet man doch, nicht wahr? Obs viel ausrichten wird, weiß ich nicht. Schreiben Sie dennoch
Ihrem
Ernst Toller.
Vor einigen Wochen mußte ich von einem andern lieben Kameraden Abschied nehmen. In einem alten Lehnstuhl von mir saß der tote Mann. Um ihn die Leere, die Wand einer Zelle – Liebe Frau Änne Schickele.
Fest Niederschönenfeld,
15. Febr. 23.