Weitere Briefe
1,665 Briefe gefunden

Nettie Sutro-Katzenstein (* 1. November 1889 in München; † 21. September 1967 in Zürich) war eine Schweizer Historikerin und Flüchtlingshelferin.

August Hagemeister (* 5. April 1879 in Detmold; † 16. Januar 1923 in Niederschönenfeld) war ein deutscher Politiker (SPD/USPD/KPD). Er war Abgeordneter des Bayerischen Landtages (1920–1923).

Echnaton (Geburtsname Amenophis IV.; ägyptisch Amenhotep IV.; später Achenaton) war ein altägyptischer König (Pharao) der 18. Dynastie (Neues Reich) und Sohn von Amenophis III. und Königin Teje.

Ernst Toller (*1. Dezember 1893 in Samotschin, Provinz Posen; gestorben am 22. Mai 1939 in New York City, New York) war ein deutscher Schriftsteller, Politiker und linkssozialistischer Revolutionär.

Nettie Sutro-Katzenstein (* 1. November 1889 in München; † 21. September 1967 in Zürich) war eine Schweizer Historikerin und Flüchtlingshelferin.

#276 Brief an Nettie Katzenstein

Datierung 1923-01-23
Absendeort Niederschönenfeld, Deutschland
Verfasser Toller, Ernst
Beschreibung

Brief

Provenienz Original nicht ermittelt.
Briefkopf -
Publikationsort Briefe aus dem Gefängnis (TW, Bd. 3, S. 370f.).
Personen Katzenstein, Nettie
Hagemeister, August
Echnaton
Toller, Ernst
Katzenstein, Nettie

10.1.23

An Tessa.

Viele Wochen schmückte der Lorbeerzweig, Gruß der Tessiner Landschaft, die Euch Heimat wurde, den Kopf des Amenophis. Am Dienstag nahm ich die Zweige und trug sie nach unten in eine Zelle, wo in Eurem braunen Lehnstuhl ein toter Mann saß: mein Kamerad August Hagemeister. In den Schoß legte ich ihm die Zweige als letzten Gruß von mir, von Euch – und so verband uns der Gruß in der frierenden Verlassenheit des Todes. Verfinstert sind die wachen Tage, verfinstert die träumenden Nächte.

„Aus Tag und Nacht genommen

Ist Freude. Und es war nicht schwer

Der Winter, Frühling, Sommer

Erregen mir das Herz

Nicht mehr

Nicht mehr.“

Am Todestag abends, als ich um 9 Uhr auf der schmalen Strohmatratze meines Bettes lag und das Dunkel der Zelle mich noch einsamer machte, die Zellenwände auf mich zuwanderten, sehnte ich mich nach lebendiger, wärmender Nähe eines Menschen. Vielleicht nur in solchen Nächten werden Kinder gezeugt aus sehnsüchtiger Liebe, das Lebendige zu spüren. Bevor ich einschlief, hatte ich einen ganz kindlichen Wunsch: Möchte wenigstens im Traum ein Mensch mir nahe sein. Und der Traum beschenkte mich.