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Nettie Sutro-Katzenstein (* 1. November 1889 in München; † 21. September 1967 in Zürich) war eine Schweizer Historikerin und Flüchtlingshelferin.

Hans Christian Andersen (* 2. April 1805 in Odense; † 4. August 1875 in Kopenhagen) war ein dänischer  Schriftsteller.

Aischylos (* 525 v. Chr. in Eleusis, Attika; † 456 v. Chr. in Gela, Sizilien) ist vor Sophokles und Euripides der älteste der drei großen Dichter der griechischen Tragödie.

Meister Eckhart (auch Eckhart von Hochheim; * um 1260 in Hochheim oder in Tambach; † vor dem 30. April 1328 in Avignon) war ein einflussreicher spätmittelalterlicher Theologe und Philosoph.

Laozi (chinesisch 老子, Pinyin Lǎozǐ, W.-G. Lao Tzu ‚Alter Meister‘) ist ein legendärer chinesischer Philosoph, der im 6. Jahrhundert v. Chr. gelebt haben soll.

Lucius Annaeus Seneca, genannt Seneca der Jüngere (* etwa im Jahre 1 in Corduba; † 65 n. Chr. in der Nähe Roms), war ein römischer Philosoph, Dramatiker, Naturforscher, Politiker und als Stoiker einer der meistgelesenen Schriftsteller seiner Zeit.

Epiktet (griechisch Ἐπίκτητος Epíktētos, lateinisch Epic'tetus, deutsch Epik'tet; * um 50 in Hierapolis in Phrygien; † um 138 in Nikopolis in Epirus) war ein antiker Philosoph. Er zählt zu den einflussreichsten Vertretern der späten Stoa.

Epikur (griechisch Ἐπίκουρος, Epíkouros; * um 341 v. Chr. auf Samos; † 271 oder 270 v. Chr. in Athen) war ein griechischer Philosoph und Begründer des Epikureismus.

Platon (altgriechisch Πλάτων Plátōn, latinisiert Plato; * 428/427 v. Chr. in Athen oder Aigina; † 348/347 v. Chr. in Athen) war ein antiker griechischer Philosoph.

John Milton (* 9. Dezember 1608 in London; † 8. November 1674 in Bunhill bei London) war ein englischer Dichter, politischer Denker und Staatsbediensteter unter Oliver Cromwell.

Torquato Tasso (* 11. März 1544 in Sorrent, nahe Neapel; † 25. April 1595 in Rom) war ein italienischer Dichter des 16. Jahrhunderts.

William Shakespeare (getauft am 26. April 1564jul. in Stratford-upon-Avon; † 23. Apriljul./ 3. Mai 1616greg. ebenda) war ein englischer Dramatiker, Lyriker und Schauspieler.

Fjodor Michailowitsch Dostojewski (auch Dostojewskij, Фёдор Михайлович Достоевский?/i [ˈfʲodər mʲɪˈxajləvʲɪtɕ dəstʌˈjɛfskʲɪj], wissenschaftliche Transliteration Fëdor Mihajlovič Dostoevskij; * 11. November 1821 in Moskau; † 9. Februar 1881 in Sankt Petersburg) gilt als einer der bedeutendsten russischen Schriftsteller.

Arthur Schopenhauer (* 22. Februar 1788 in Danzig; † 21. September 1860 in Frankfurt am Main) war ein deutscher Philosoph, Autor und Hochschullehrer.

Novalis (* 2. Mai 1772 auf Schloss Oberwiederstedt; † 25. März 1801 in Weißenfels), eigentlich Georg Philipp Friedrich von Hardenberg, war ein deutscher Schriftsteller der Frühromantik und Philosoph.

Johann Christian Friedrich Hölderlin (* 20. März 1770 in Lauffen am Neckar, Herzogtum Württemberg; † 7. Juni 1843 in Tübingen, Königreich Württemberg) war ein deutscher Lyriker.

George Gordon Noel Byron, 6. Baron Byron (* 22. Januar 1788 in London; † 19. April 1824 in Messolongi, Griechenland), bekannt als Lord Byron, war ein britischer Dichter.

Bernd Heinrich Wilhelm von Kleist (* 18. Oktober, nach Kleists eigenen Angaben 10. Oktober 1777 in Frankfurt (Oder); † 21. November 1811 am Stolper Loch, heute Kleiner Wannsee (Berlin)) war ein deutscher Dramatiker, Erzähler, Lyriker und Publizist.

Johann Wolfgang von Goethe (* 28. August 1749 in Frankfurt am Main als Johann Wolfgang Goethe; † 22. März 1832 in Weimar, geadelt 1782) gilt als einer der bedeutendsten Repräsentanten deutschsprachiger Dichtung.

Christian Friedrich Hebbel (* 18. März 1813 in Wesselburen, Dithmarschen; † 13. Dezember 1863 in Wien) war ein deutscher Dramatiker und Lyriker.

Matthias Claudius (Pseudonym Asmus, * 15. August 1740 in Reinfeld (Holstein); † 21. Januar 1815 in Hamburg) war ein deutscher Dichter und Journalist, bekannt als Lyriker mit volksliedhafter, intensiv empfundener Verskunst.

Anton Pawlowitsch Tschechow ( * 17.jul./ 29. Januar 1860greg. in Taganrog, Russland; † 2.jul./ 15. Juli 1904greg. in Badenweiler, Deutsches Reich) war ein russischer Schriftsteller, Novellist und Dramatiker.

Lew Nikolajewitsch Graf Tolstoi, deutsch häufig auch Leo Tolstoi; * 28. Augustjul./ 9. September 1828greg. in Jasnaja Poljana bei Tula; † 7. Novemberjul./ 20. November 1910greg. in Astapowo, heute Lew Tolstoi, in der Oblast Lipezk) war ein russischer Schriftsteller.

Knud Johan Victor Rasmussen (* 7. Juni 1879 in Ilulissat, West-Grönland; † 21. Dezember 1933 in Kopenhagen, Dänemark) war ein grönländisch-dänischer Polarforscher, Ethnologe und Buchautor.

Romain Rolland (* 29. Januar 1866 in Clamecy, Département Nièvre; † 30. Dezember 1944 in Vézelay, Burgund) war ein französischer Schriftsteller, Musikkritiker und Pazifist.

Charles-Louis Philippe (* 4. August 1874 in Cérilly (Allier); † 21. Dezember 1909 in Paris) war ein französischer Schriftsteller und Dichter.

Herman Joachim Bang (* 20. April 1857 in Asserballe auf der Insel Alsen; † 29. Januar 1912 in Ogden, Utah) war ein dänischer Schriftsteller und Journalist.

Knut Hamsun (gebürtig Knud Pedersen, * 4. August 1859 in Garmo/Garmostrædet bei Lom oder in Vågå, Fylke Oppland, Norwegen; † 19. Februar 1952 in Nørholm bei Grimstad) war einer der bedeutendsten norwegischen Schriftsteller des frühen 20. Jahrhunderts. Er erhielt 1920 den Literaturnobelpreis für sein Werk Segen der Erde.

Rainer Maria Rilke (* 4. Dezember 1875 in Prag; † 29. Dezember 1926 im Sanatorium Valmont bei Montreux, Schweiz; eigentlich: René Karl Wilhelm Johann Josef Maria Rilke) war Lyriker deutscher Sprache.

Gustav Landauer (geboren am 7. April 1870 in Karlsruhe; gestorben am 2. Mai 1919 in München-Stadelheim) war Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts einer der wichtigsten Theoretiker und Aktivisten des Anarchismus in Deutschland. Nach Niederschlagung der Münchner Räterepublik wurde er von antirepublikanischen Freikorps-Soldaten in der Haft ermordet.

Ernst Toller (*1. Dezember 1893 in Samotschin, Provinz Posen; gestorben am 22. Mai 1939 in New York City, New York) war ein deutscher Schriftsteller, Politiker und linkssozialistischer Revolutionär.

Nettie Sutro-Katzenstein (* 1. November 1889 in München; † 21. September 1967 in Zürich) war eine Schweizer Historikerin und Flüchtlingshelferin.

#193 Brief an Nettie Katzenstein

2.2.1922

An Tessa.

Ob ich viel lese, fragst Du.

Laß mich, bevor ich Dir sage, was ich lese, von einer inneren Erfahrung sprechen. Ich litt viele Jahre unter einer Eigenschaft, die mir ein Mangel geistiger Art schien. Ich konnte nie „viel“ lesen. Bekam ich ein Buch in die Hand, das mich anrührte, dann wurde mir nach ein paar Seiten gleichsam die Brust zu eng, ich mußte aufhören. Voll ängstlicher Beklemmung nahm ich am andern Tag, in der andern Woche das Buch wieder zur Hand, es bedurfte einer unerklärlichen, gewaltigen Willensanstrengung, bis ich mich zum Weiter-Lesen durchgerungen hatte. Monate später erst war ich zu kritischer Reflexion fähig. Bei gewissen Büchern fehlte die kritische Fähigkeit noch nach Jahren.

Heute habe ich eingesehen, daß, was ich als geistigen Mangel empfand, kein geistiger Mangel ist. Je ärmer es in meinem Innern ausschaut, desto mehr vermag ich zu lesen, je reicher ich bin, desto reizsamer werde ich gegen Quellen, die „von draußen“ zuströmen. Denn jenes Überströmen ist nur die Wehr des sich Genügenden. (Das gilt nicht für Studien historischer, politischer, ökonomischer Natur).

Dreizehn Jahre war ich, glaube ich, alt, als ich zum erstenmal ein solches Erlebnis hatte. In der Bibliothek meiner Schwester stöberte der neugierige Knabe nicht „Andersens Märchen“, sondern … „Das Liebesleben in der Natur“ auf.

In diesen Gefängnisjahren: Äschylos, „Der gefesselte Prometheus“, Orestie, Sophokles, Ödipus, Antigone, die Evangelien, Meister Eckeharts Schriften. Und nun nenne ich Dir gleich Bücher, die mir Geschenke, jedes von besonderer Musik und Farbigkeit wurden:

La-o-tse, Seneca, Epiktet, Epikur, Platon, Milton „Verlorenes Paradies“, Tasso, Shakespeare: Lear.

Gilgamesch, Dostojewski: Raskolnikow, Schopenhauer: „Über den Tod“, Novalis: „Hymnen an die Nacht“, Hölderlin: „Hyperion“, Gedichte, Briefe. Byron: „Kain“, Kleist: „Novellen“, „Amphytrion“, Goethe: „Dichtung und Wahrheit“, „Kinderlieder aus des Knaben Wunderhorn“, Hebbel: „Tagebücher“, Matthias Claudius: „Gedichte“, Tolstoi: „Tagebuch“, „Leinwandmesser“, Tschechow: „Geschichte von dem Kindermädchen“. Märchen der Eskimos aus dem Buche Rasmussens: „Neue Menschen“, Rolland: „Meister Breugnon“, Charles Louis Philippe „Werke“, Bang: „Am Weg“, „Die Vaterlandslosen“, Hamsun: „Hunger“, Rilke: „Das Stundenbuch“, Landauer: „Der werdende Mensch“.

Ich könnte Dir noch manches Buch nennen, aber nun ich die Aufeinanderfolge überschaue, graust es mir vor dem Durcheinander, das durch das Aufzählen entsteht.

Was an neuen Dramen erschienen ist, verschaffte ich mir. Verzweifeln möchte man, wenn man sieht, wie unsere Zeitgenössischen an den Konflikten der Zeittragödie vorbeigehen, ja nicht einmal sie ahnen. (Verzweifeln? Unechtes Wort für ein berechtigtes, echtes Gefühl des Widerwillens, man verzweifelt nicht an Unwichtigem.)

Männer fehlen unserer Dramatik, die aus neuem Gemeinschaftserleben schaffen, dem sie lebendig, unlöslich verbunden sind, wie der Ast dem Baume. Unsere Dramatiker gehören der bürgerlichen Gesellschaft an. Da die bürgerliche Gesellschaft die organische Einheit verloren hat, da sie zerfallen ist, ausgelaugt im Chaos altgewordener, greiser Kräfte, von keinem Stern Licht und Glut empfangend, bieten auch ihre Dramatiker das Bild greiser Wirrung. Andere Dramatiker schweben „zwischen“ den Gemeinschaften. Dort Wurzel zu fassen, ist in Jahrhunderten einmal dem Genie, dem Titanen beschieden; Talente treiben auf solchem Meer wie Wracke geschüttelt und steuerlos hin- und hergeworfen von jedem Sturm. Man vermißt bei ihnen die Notwendigkeit des Werks, das menschliche Erleben, die Hingegebenheit an die Idee, die Qual, die Seligkeit.

Wir leben in einer Epoche des Übergangs. Was wir schaffen, ist erste Saat, die Spätere umpflügen werden. Denn Geschlechter müssen leben und vergehen, pflanzen und pflügen, ehe Künftigen vom Schicksal die Gnade wird, heiter und in lächelnder Einfalt reife Frucht zu ernten.

Vielleicht ist die geistige Frucht des sich neigenden Winters Epik. Schaut man die Weite und Formgröße unserer großen Romane, ist man versucht, es zu glauben.

Ich machte eine Pause. Auf der Pritsche lag ich die Mittagstunden und freute mich der Sonne, die wieder wärmt. Wäre Dir möglich, zu erkunden, ob Chroniken über die Dolcino-Erhebung existieren? –

Am 16. Januar mittags 1 Uhr feierte ich das Jubiläum halber Strafzeit.