Nettie Sutro-Katzenstein (* 1. November 1889 in München; † 21. September 1967 in Zürich) war eine Schweizer Historikerin und Flüchtlingshelferin.
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Ernst Toller (*1. Dezember 1893 in Samotschin, Provinz Posen; gestorben am 22. Mai 1939 in New York City, New York) war ein deutscher Schriftsteller, Politiker und linkssozialistischer Revolutionär.
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#167 Brief an Nettie Katzenstein
Datierung | 1921-11-12 |
Absendeort | Niederschönenfeld, Deutschland |
Verfasser | Toller, Ernst |
Beschreibung | Brief |
Provenienz | Original nicht ermittelt. |
Briefkopf | - |
Publikationsort | Briefe aus dem Gefängnis (TW, Bd. 3, S. 331f.). |
Personen |
Katzenstein, Nettie
Toller, Ernst Katzenstein, Nettie |
12.11.21
An Tessa.
Heute nacht stand ich lange auf meinem „Bett“ und schaute durchs Zellenfenster in eine dämmrige Mondnacht. An Euch dachte ich. Und wie ich die Stille in mich atmete, den Glanz der schwingenden Felder, das schweigende Firmament … beseligte mich das große Gefühl irdischer Nähe. Wir leben fern? O wir Toren! Ist es nicht „mein“ Mond, der bei Euch auf dem Lago Maggiore glänzt, ist es nicht „mein“ Mond, der zu Euren efeuumwachsenen Fenstern hereinschaut! Gibt es für Freunde Erdferne? Begleitet nicht die Sonne den Freund hier, den Freund dort, singt nicht der Mond eine sanfte Melodie inniger Freude, daß er beider Nächte silberner Fittich ist, umfängt uns beide nicht das eine, unendlich schweigende Firmament mit schöner Gebärde?
Liebe, liebe Freunde.
Der dritte Winter ist da. Es gibt viele Pfade in mir, die ich noch nicht gegangen bin. Zu allem Leid will ich ja sagen und zu aller Traurigkeit, und meine Seele soll ein Echo sein dem Lerchenruf jeder Freude.