Ernst Müller-Meiningen (* 11. August 1866 in Mühlhof bei Schwabach; † 1. Juni 1944 in München) war bayerischer Justizminister, Senatspräsident am Bayerischen Obersten Landesgericht und Reichstagsabgeordneter.
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#104 Brief an A. K.
Datierung | 1920-??-?? |
Absendeort | Niederschönenfeld, Deutschland |
Verfasser | Toller, Ernst |
Beschreibung | Brief |
Provenienz | Original nicht ermittelt. |
Briefkopf | - |
Publikationsort | Briefe aus dem Gefängnis (TW, Bd. 3, S. 305). |
Personen |
A. K.
Müller-Meiningen, Ernst A. K. Toller, Ernst |
Werke | Die Wandlung |
Beschlagnahmter Brief.
An A. K.
Vor einiger Zeit brachte das „Berliner Tageblatt“ eine Notiz, in der unter anderem zu lesen war, daß meine Arbeit die „Wandlung“ in verschiedene Sprachen übersetzt sei. Die Notiz trug die Überschrift „Deutsche Dichter im Ausland“. Es wird die Leser des Berliner Tageblatt, jene angeblichen demokratischen Vorkämpfer und Verfechter der Freiheit, vielleicht interessieren, wie der Herr Demokrat Justizminister Mueller-Meiningen deutsche Dichter „im Inland“ behandelt.
Nicht daß ich mich bei Ihnen beklage. Verzeihen Sie, aber ich pfeife auf das Mitgefühl „unterm Strich“, das sich einige kapitalistische Blätter, die überm Strich unsereinen als unverantwortlichen Narren, blutrünstigen Spartakisten begeifern, in „parteiloser Toleranz“ gestatten.
In Bayern wurden einige hundert Sozialisten zu Festungshaft verurteilt. Diese Festungshaft, früher nur Offizieren und Studenten zugänglich, wird durch den Federstrich des Justizministers in eine gefängnisähnliche Haft mit ungünstigen, unwürdigen Maßnahmen verwandelt.
Noch sah ich keinen Demokraten, der aufstand und Protest erhob gegen diese Willkür in unserem Staat mit der „freiesten Verfassung“. Hic Rhodus, hic salta! Sie lächeln, Sie haben recht. Ich erwarte auch keinen Protest, würde ihn sogar als schimpflich empfinden nach allem, was im Inland sich ohne Protest zutrug. Ich werde mich auch nicht an den Feuilletonredakteur wenden. Mich kam nur die Lust an, Ihnen zu schreiben.