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Leo Kestenberg (* 27. November 1882 in Rózsahegy/Rosenberg, damals k. u. k. Monarchie, heute Slowakei; † 13. Januar 1962 in Tel Aviv, Israel) war ein Pianist, Musikpädagoge und Kulturpolitiker (SPD).

Tilla Durieux, eigentlich Ottilie Godeffroy (* 18. August 1880 in Wien; † 21. Februar 1971 in West-Berlin) war eine österreichische Schauspielerin und Hörspielsprecherin.

Paul Cassirer (* 21. Februar 1871 in Görlitz; † 7. Januar 1926 in Berlin) war ein deutscher Verleger, Kunsthändler und Galerist jüdischer Herkunft in Berlin.

Leo Kestenberg (* 27. November 1882 in Rózsahegy/Rosenberg, damals k. u. k. Monarchie, heute Slowakei; † 13. Januar 1962 in Tel Aviv, Israel) war ein Pianist, Musikpädagoge und Kulturpolitiker (SPD).

Ernst Toller (*1. Dezember 1893 in Samotschin, Provinz Posen; gestorben am 22. Mai 1939 in New York City, New York) war ein deutscher Schriftsteller, Politiker und linkssozialistischer Revolutionär.

#60 Brief an Leo Kestenberg

Datierung 1920-01-17
Absendeort Eichstätt, Deutschland
Verfasser Toller, Ernst
Beschreibung

Brief, 4 S., M

Provenienz DLA Marbach, Bestand A: Toller, Zugangsnr. 64.1986/2
Briefkopf -
Personen Kestenberg, Leo
Durieux, Tilla
Kiepenheuer, Irmgard
Cassirer, Paul
Kestenberg, Leo
Toller, Ernst
Institutionen Gustav Kiepenheuer Verlag
Werke Masse Mensch

(Verzeihung!)

Sehr [geehr]ter Herr Kestenberg,

ich erhalte soeben Ihren Brief. Gestern sandte ich Ihnen den unterschriebenen Vertrag und das versprochene Exemplar für Frau T. D. Trotz meines Drängens beim Schreibmaschinenbüro (das Drama war seit Mitte oder Anfang Dezember dort) konnte ich die Abschriften nicht eher bekommen. Das erste korrigierte Exemplar bekam Frau T. D. Ich kann Ihre Verblüffung nicht begreifen. Im November schickte ich Frau Kiepenheuer auf ihre Bitte den ersten handschriftlichen Entwurf. Kurz darauf teilte ich meine Vertragslösung mit und untersagte sowohl telegraphisch wie brieflich jede Weitergabe. (Jenen ersten Entwurf habe ich in einzelnen Partien umgeformt und dann zur Vervielfältigung fortgeschickt).

Es ist mir unverständlich, wie das Drama bekannt werden konnte.

Mein Verhältnis zu Kiepenheuer ist das folgende:

K. nahm meine Vertragslösung nicht an. Einseitige Lösungen wären juristisch nicht zulässig. Unbefristete Verträge häufige Erscheinungen. K. bat mich, ihm Änderungen zu unterbreiten.

Was soll ich tun? Es ist mir innerlich unmöglich brüsk zu brechen und dem Gericht die Entscheidung zu überlassen. Zu einem solchen Verfahren hat mir K. keinen wirklichen Anlaß gegeben. Ich werde K. in der nächsten Zeit mir notwendig erscheinende Vorschläge mitteilen, die in wesentlichen Punkten vom ersten Vertrag abweichen. Das Vorkaufsrecht lehne ich unbedingt ab. Ich halte mich für verpflichtet, Ihnen davon Mitteilung zu machen, damit nicht der Anschein eines Doppelspiels erweckt wird.

Wissen Sie andern Weg? Sicherlich nicht.

Sie schreiben mir von dem geänderten Vertrag, der an mich abgeht. Ich sagte Ihnen schon, mir liegt nichts mehr an einer Änderung. Ich bin überzeugt, daß wir über technische Dinge auch ohne Vertragserwähnung zu einem Einvernehmen kommen. –

Über meine Bucheinnahmen u. s. w. weiß ich noch gar nichts. Es wäre mir erwünscht, wenn sich Herrn Cassirers Worte bestätigen. Sie müssen doch verstehen, daß mir diese Prozeßbegleitumstände äußerst peinlich sind. Einmal war ich sogar soweit, deshalb einen Film zu schreiben. –

Darf ich Ihre Mitteilung so verstehen, daß Sie von Zeit zu Zeit doch in den Verlag kommen und die Angelegenheiten leiten? Wenn das nicht der Fall ist, wer übernimmt dann die Verlagsleitung?

Nun noch einmal zu meinem neuen Drama. Ich bitte Frau D. sehr, mir rücksichtslos zu schreiben, welchen Eindruck sie davon hatte. Ich würde – gegebenenfalls – Frau D. bitten, das Stück einmal vorzulesen.

Ich kann das Drama an keine Bühne geben, bevor ich nicht mit den Verlagsangelegenheiten im Reinen bin. (Die persönlichen Hemmungen, die mich zuerst hinderten, habe ich überwunden).

Von hier aus türmen sich Mißverständnisse auf Mißverständnisse. Mißtrauen wird hervorgerufen (und Ihr letzter Brief zeigt mir das deutlich), und ich bin infolge der Mauern hilflos, hol der Teufel diesen ganzen Verlagskram!

Ich grüße Sie, Herrn und Frau Cassirer sehr herzlich,

Ihr ergebener

Ernst Toller.

Eichstätt 17.1.20.